Berührung bitte! Die wunderbare Kraft der Massage

Ein „berührendes“ Interview mit Christin Besler

Christin Besler ist Ernährungswissenschaftlerin, Pilates-Trainerin und Massage-Therapeutin. Ihr Ansatz ist ganzheitlich auf die Einheit von Körper und Geist zur Erhaltung von Gesundheit ausgelegt. Unter diesem Aspekt arbeitet sie in Berlin mit Einzelkunden im Pilates-Training und Massagen, sowie in Online-Pilates-Kursen.

Frau Besler, Sie sind unter anderem als Massagetherapeutin in Berlin tätig: Welche Arten von Massage bieten Sie an, und wie genau wirken diese?
Ich gebe myofasziale Tiefengewebsmassage und Fußreflexzonen-Massage. Die Tiefengewebsmassage kann als Ganz- oder Teilkörpermassage angewendet werden und löst muskuläre Verspannungen sowie fasziale Verklebungen. Bei der Fußreflexzonen-Massage werden Energiepunkte an Fußsohle und Fußrücken stimuliert. Diese Massage-Technik wirkt ausgleichend auf den ganzen Körper.

Warum haben Massagen nicht nur eine körperliche sondern auch eine seelische Wirkung, welche Wechselwirkungen treten hier auf?
Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan. Über sie nehmen wir unsere Umwelt wahr und unsere eigene Grenze nach außen. Über die Reize, die auf unsere Haut treffen, ermittelt unser Gehirn, ob uns unsere Umwelt positiv gesonnen ist. Achtsame, wohlwollende Berührung z.B. durch Massagen, gibt uns das Gefühl, angenommen und beschützt zu sein, wir können uns entspannen und loslassen, körperlich und emotional. Es werden Glückshormone wie Serotonin und Dopamin ausgeschüttet.
Oft manifestieren sich unverarbeitete Emotionen in körperlichen Verspannungen und Blockaden. Massagen, Dehnungen oder Mobilisierungen beim Sport regen den Lymphfluss an und können sowohl Verspannungen, als auch Emotionen lösen. Hier ist es sehr wichtig, achtsam bei sich zu bleiben, auf sich selbst zu hören und nach der Massage viel zu trinken, um den Ausleitungsprozess zu unterstützen.

Wir Menschen brauchen Berührung, und gerade die kommt in der Coronakrise häufig zu kurz oder ist ganz unmöglich geworden. Was kann passieren, wenn wir zu lange keine Berührung von anderen Menschen spüren?
Ein Mangel an positiver Berührung bringt sowohl körperliche als auch emotionale Folgen mit sich. Auf der sensorischen Ebene kann der Berührungsmangel vorübergehend von den anderen Sinnen bis zu einem gewissen Maß ausgeglichen werden. Auf emotionaler und physischer Ebene sind die Folgen tiefgreifender. Es wird vermehrt das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet und kann zu vermehrten Angstzuständen, depressiven Verstimmungen bis hin zu Bindungsstörungen führen. Ein erhöhter Cortisol-Wert kann zu hohem Blutdruck und einer geschwächten Immunabwehr führen.

Inwiefern kann eine Massage da helfen?
Natürlich kann eine Massage echte Bindungen mit Berührungen nicht ersetzen. Sie kann jedoch durch positive Berührungen das vegetative Nervensystem beruhigen und in einen entspannten Gemütszustand führen. Das Immunsystem wird gestärkt, ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen wird gefördert und depressiven Stimmungen entgegen gewirkt.

Eine Massage kann sehr entspannend und stressreduzierend wirken, was besonders in der aktuellen Krise sehr wichtig ist. Welche Art von Massage ist hier besonders empfehlenswert?
Prinzipiell eignen sich alle Massage-Techniken, die streichende Bewegungen und Griffe nutzen wie die Tiefengewebsmassage oder auch Abhyanga, die ayurvedische Massage. Auch die Fußreflexzonen-Massage ist hier wohltuend. All diese Techniken wirken sehr ausgleichend und stressreduzierend und sind auch gut als Einstieg geeignet, für Menschen ohne Massage-Vorerfahrungen.

Welche Akkupressurpunkte kann man bei sich selbst nutzen, um stressresilienter zu werden?
Im oberen Drittel der Fußsohle liegt mittig, dort wo Groß- und Kleinzehballen sich treffen und eine kleine Vertiefung bilden, der Solarplexus-Punkt. Diesen mit einem ruhigen, gleichbleibenden Druck 1-3 min. zu halten, beruhigt das vegetative Nervensystem und wirkt ausgleichend.
Außerdem kann man den Vagusnerv stimulieren, indem man mit zwei oder drei Finger der einen Hand etwa 60 sek. auf den Handrücken der anderen Hand klopft, und zwar zwischen kleinem Finger und Ringfinger. Das stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist und beruhigt das sympathische Nervensystem, das uns in einen Kampf-oder-Fluchtzustand versetzt.
Achten Sie bei beiden Techniken auf einen angenehmen Druck und lassen Sie Ihre Atmung fließen, dann können Sie dabei nichts falsch machen.

Manche Massagen können auch ziemlich schmerzhaft sein, gerade, wenn sie tief in Verspannungen reingehen. Wieviel Schmerz ist hier noch „gesund“, und wann sollten wir lieber „Stop“ sagen?
Jeder empfindet Schmerz etwas anders: Was für den einen schon unerträglich ist, macht dem anderen gar nichts aus. Allgemein ist es wichtig, sehr achtsam mit sich zu bleiben und die Signale des Körpers ernst zu nehmen. Wenn z.B. an einigen Schmerzpunkten die Atmung nicht mehr frei fließt, ist es zu viel, da sich die Muskeln eher noch mehr anspannen, anstatt die Spannung loszulassen. Die Kommunikation mit dem Therapeuten ist hier ganz entscheidend.

Wann ist eine Massage kontraindiziert?
Bei erhöhtem Blutdruck und Aneurysmen sowie in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten ist eine Massage kontraindiziert. Vorsicht ist auch bei Fieber, akuten Rheumaschüben und Krebserkrankungen mit Metastasen geboten, da sich Bakterien, Entzündungszellen und auch Krebszellen über die Anregung des Lymphflusses schneller im Körper verteilen.
Liegen bekanntermaßen Psychosen oder Epilepsie vor, sollten Massagen auch vermieden werden, da ein sehr tiefer Entspannungszustand einen psychotischen Schub oder epileptischen Anfall hervorrufen kann.

Wenn ich mir eine professionelle Massage geben lassen möchte, worauf muss ich achten? Wie kann ich zwischen Profis und Scharlatanen unterscheiden?
Ist der Massage-Therapeut, Physiotherapeut oder Heilpraktiker ausgebildet, erkennt er Vorerkrankungen und Verletzungen und erfragt sie vor der Massage. Er wird Sie auch über den Ablauf oder die Technik aufklären. Außerdem sollte während der Massage eine Kommunikation stattfinden, indem sich der Therapeut über Druck und Intensität Feedback geben lässt.
Sind alle Punkte gegeben, sollten Sie trotz allem darauf achten, dass Sie ein gutes Gefühl haben und sich sicher und aufgehoben fühlen.

Was möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Gerade in der aktuellen Corona-Krise wird uns deutlich vor Augen geführt, wie wertvoll Gesundheit ist und wie abhängig unser Gesundheitsempfinden von unserem emotionalen Zustand ist. Wir haben die Chance zu lernen, achtsamer mit uns zu sein, mehr mit uns in Kontakt zu kommen und zu spüren „Was brauche ich gerade, was tut mir gut?“, um dann langfristig bewusstere Entscheidungen für uns zu treffen.

Mehr Infos zu Christin Besler gibt es hier!

Foto: Anete Lusina/ www.pexels.com