DER UMGEDREHTE ZEIGEFINGER
Inka ist stocksauer. Vor Wut rauchend sitzt sie Samstag in Frankfurt im Café mit Ihrer besten Freundin Hannah und lässt erstmal Dampf ab.
Ihr Freund Martin ist für das Wochenende mit seinen Freunden in die Berge gefahren, obwohl Inka das nicht wollte. Sie schreibt am Montag eine wichtige Klausur und hätte sich in den Tagen davor noch etwas mentale Unterstützung und ein paar Streicheleinheiten von Martin gewünscht, aber der unsensible Klotz haut einfach ab.
Dabei hätte er doch wissen müssen, was Inka eigentlich wollte, oder? Klar, er hat vor ein paar Wochen gefragt, ob sie etwas dagegen hätte, und sie sagte: „Quatsch fahr Du nur.“ Aber eigentlich hätte Sie gern gesagt: „Ich fände es schön, wenn Du genau an diesem Wochenende bei mir bleibst.“ Das hat sie sich aber nicht getraut, sie wollte ja nicht als Spaßbremse dastehen.
Aber trotzdem: Wenn Martin sie wirklich lieben würde, dann wäre es nicht nötig gewesen, dass sie das sagt, oder? Dann hätte er das doch sowieso wissen müssen!
Jetzt ist Inka so sauer und verletzt, dass an fokussiertes Lernen kaum noch zu denken ist, sie wird die Klausur also wahrscheinlich auch noch verhauen – und an allem ist Martin schuld. Na toll! Da fragt man sich doch echt, ob es nicht besser wäre, Single zu bleiben, dann muss man so einen Mist nicht mitmachen, oder?
Hannah weiß erstmal nicht, was sie sagen soll, nachdem Inka 10 Minuten non-stop gewütet hat. Schließlich wirft sie zaghaft ein: „Aber wenn Du Martin gesagt hast, dass es ok ist, kannst Du ihm eigentlich keinen Vorwurf machen, oder?“
Das bringt Inka nun völlig auf die Palme: „Willst Du mich verarschen? Bist Du etwa auf seiner Seite?“
Damit ist die Idee eines gemütlichen Milchkaffee-Vormittags gescheitert.
Das Ende vom Lied ist, dass zwischen den beiden nun auch noch ein handfester Streit entflammt, so dass Hannah schließlich aufsteht und zum Abschluss Inka an den Kopf wirft: „Du siehst immer nur Dich, immer sind die Anderen schuld! Bloß, weil Du zu feige bist zu sagen, was Du wirklich willst!“
Das hat gesessen.
WO LIEGT DAS PROBLEM?
Inka schimpft, Inka ist sauer – und das darf sie sein. Sie spürt aber auch, dass Hannah den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Ja, sie hätte sagen sollen, was sie wirklich wollte. Aber dazu fehlte ihr irgendwie der Mut. Deshalb sitzt sie jetzt hier allein und ist wütend auf die beiden Menschen, die ihr nahe stehen. Vielleicht auch ein bisschen auf sich selbst, aber das kann warten.
Trotzdem: Martin hätte das von selbst wissen sollen!
Aber wie hätte er das tun sollen, wenn Inka ihm explizit die Erlaubnis gibt, am Wochenende wegzufahren?
Aber für diese Frage ist Inka noch nicht bereit. Denn dann müsste sie ihr eigenes Verhalten überprüfen und vielleicht einlenken, und darauf hat sie keine Lust.
Also wird der Streit mit Martin vermutlich weitergehen, sobald er zurück ist, und mit Hannah ist erstmal Funkstille.
So wie Inka ist es uns sicher allen schon mal gegangen. Wir regen uns über eine Person oder Situation auf, sind vollkommen in unserer eigenen Wahrnehmung gefangen und wollen keine kritische Stimme gelten lassen. Denn das hieße, dass wir unser Verhalten ebenfalls in Frage stellen müssten, und ehrlich gesagt, sitzt es sich doch auf unserem hohen Ross ganz gut, oder?
Wir bleiben nur bei unserer Ansicht und blenden andere Meinungen und Perspektiven aus. Sollen sich doch die Anderen bewegen und einsehen, dass wir Recht haben!
Das hilft uns aber nicht weiter, um das Problem zu lösen und die Situation zu entspannen. Und genau hier setzt mein Coaching zur positiven Persönlichkeitsenwicklung an:
PERSPEKTIVENWECHSEL ERFORDERT MUT
Unsere eigene Sichtweise zu reflektieren und zu hinterfragen erfordert Mut, denn wir gehen das Risiko ein zu sehen, dass wir vielleicht doch nicht das Maß aller Dinge sind. Ein Perspektivenwechsel erfordert Empathie, die Fähigkeit sich in den anderen Part hinein zu versetzen, durch seine Augen zu sehen und unser Verhalten aus seiner Sicht wirken zu lassen.
Wir müssen den Zeigefinger, den wir gerade noch genüsslich auf den Anderen gerichtet haben, umdrehen.
Und wenn wir dann auf uns selbst deuten, kommen wir automatisch zu der Frage:
Was hat das mit mir zu tun? Was ist mein Anteil an dieser Situation?
Inka trägt für diese Eskalation Verantwortung. Vielleicht hätte Martin nochmal fragen können, vielleicht hätte Hannah sich etwas feinfühliger ausdrücken können, aber wenn Inka den Mut gehabt hätte, Martin die Wahrheit zu sagen, oder auf Hannahs Einwurf einzugehen, wäre alles ganz anders gelaufen. Vermutlich besser.
Aber das will sie noch nicht zulassen. Wenn sie ihren Anteil an der Situation erkennt, gerät sie vielleicht in die Defensive, und wer will das schon? Da beharrt sie lieber auf ihrem Standpunkt, redet sich ein, dass sie völlig im Recht ist. Martin ist ein Eisblock, Hannah eine dumme Kuh. Und das flaue Gefühl in der Magengegend wird einfach ignoriert.
So weit, so schlecht.
PERSPEKTIVENWECHSEL MACHT UNS GROß
Unseren Anteil an einer negativen Situation anzuerkennen ist oft nicht angenehm. Wir haben das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, haben vielleicht einen anderen Menschen verletzt oder eine unbefriedigende Leistung erbracht. Dafür Verantwortung zu übernehmen und die Positionen Anderer anzunehmen erfordert Größe.
Wir hinterfragen dann uns selbst, unsere Bewertungen und unseren Standpunkt, auf den wir uns bis jetzt gestützt haben. Diese Stütze kann nun wegbrechen, und was dann? Werden wir dann zum Opfer?
NEIN!
In dem Moment, wo wir uns unserer Verantwortung an einer Situation stellen, haben wir wieder die Möglichkeit, die Situation aktiv zu gestalten – und das macht uns viel größer als wir es in unserer Ankläger-Position waren. Das heißt nicht, dass wir die Position des Anderen bedingungslos annehmen müssen, aber wir haben den Sachverhalt nun von verschiedenen Perspektiven gesehen und reflektiert und können darauf aufbauen. Zu diesem Punkt zu gelangen, gelingt manchmal leicht. Bisweilen fällt es uns aber sehr schwer. Zu tief sind vielleicht zunächst erlittene Verletzungen, Enttäuschungen oder Diskrepanzen in unserem Wertesystem.
Sich der eigenen Verantwortung zu stellen, ist ein Prozess. Er kann anstrengend sein, aber er lohnt sich immer.
Inka hat nach einer großen Joggingrunde Hannah eine versöhnliche SMS geschrieben. Mit Martin dauerte die Versöhnung etwas länger, die dafür nötigen ehrlichen Gespräche haben die Beziehung stabilisiert letztlich neue Wege für ein gelungenes Miteinander geöffnet.
Wenn Sie ein Coachig zur Unterstützung bei Ihrem persönlichen Perspektivenwechsel benötigen: Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme!