Filter, Fake und Frustration – wie authentisch darf ich heute noch sein?

Blogpost Schmiegelt

Disclaimer: Dieser Text wurde wie alle anderen Beiträge auf meiner Homepage NICHT mit Chat-GPT verfasst, sondern ist ganz altmodisch das kreative Ergebnis meines eigenen Gehirns.

Es ist nicht leicht, heutzutage herauszufinden, wer man wirklich ist und das auch selbstbewusst nach außen zu vertreten. Zu groß ist die Verlockung der perfekten Inszenierung der eigenen Person mittels einfach zu bedienender Filter auf diversen Netzwerken, zu zwingend erscheint die Aufrechterhaltung der Illusion von Erfolg, Entspanntheit, Beliebtheit und dem makellosen Äußeren. Und zu groß die Scham, nicht mithalten zu können im Wettlauf der oberflächlichen Eitelkeit und des Konkurrenzkampfs um Likes und Herzen.
In einer Zeit, wo uns suggeriert wird, dass sich unser Wert an dem Wohlwollen einer anonymen Menschenmenge messen lässt, die uns entweder mit Daumen hoch oder Hate-Kommentaren beschenkt. Wo uns künstliche Intelligenz und globale Vernetzung vieles leichter machen, uns aber auch viel wegnehmen – unter anderem das Zutrauen in unsere eigenen kreativen Fähigkeiten und eine authentische Selbstdarstellung, die vielleicht nicht massentauglich dafür aber ehrlich ist.

Aber können wir mit dem, was wir selbst unverfälscht beisteuern, heute noch zufrieden sein geschweige denn erfolgreich werden?

Wenn man den diversen selbsternannten „Businesscoaches“, die angeblich alle Millionäre sind, Glauben schenkt, ist die Antwort ganz klar: NEIN. Echte Authentizität ist was für die, die noch nicht kapiert haben, wie Erfolg heute wirklich geht.
Die vermeintlich gutmeinenden Visionäre reden uns gern ein, dass wir jeden Monat hohe fünfstellige Umsätze erzielen werden, wenn wir das Internet mit den ständig selben Plattitüden fluten und unser gefiltertes Gesicht auch gern in Verbindung mit viel Sex-Appeal mit den schon tausendfach gehörten Floskeln in zahlreichen „Reels“ inszenieren. Wenn wir dauernd posten, wofür wie dankbar sind, wie strahlend wir unser eigenes Ich feiern, wie stark wir mit unserer Schöpferkraft verbunden sind, wie gern wir grüne Smoothies trinken und jeden Tag so leben wie unseren letzten. Blablabla…
Und wenn es dann mit dem Erfolg nicht klappt – dann haben wir offenbar etwas falsch gemacht und sollten unbedingt das überteuerte Upgrade-Programm buchen, um gerade noch die Kurve zu bekommen. Von nichts kommt schließlich nichts – davon abgesehen, dass wir ans Universum offensichtlich noch nicht die richtigen Erfolgsvibes gesendet haben. Kurz gesagt, wir sind an den nötigen Anforderungen gescheitert, haben nicht genügt. Was von diesem ganzen Mist häufig übrig bleibt, sind vollkommen verunsicherte, frustrierte Menschen, die jegliches Vertrauen in sich selbst und in ihren eigenen Wert verloren haben. Die glauben, aus sich selbst heraus nicht gut genug zu sein, um in dieser Welt ihre eigene Definition von Erfolg und Erfüllung zu erreichen und ein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie morgens einfach ihren schwarzen Kaffee trinken und Radio hören, statt beseelt lächelnd Zitronenwasser zu trinken und ihr tägliches „journaling“ zu absolvieren (früher nannte man das Tagebuch schreiben, aber das klingt natürlich nicht so fancy).

Was sind wir wirklich noch selbst, und was haben wir uns aufzwingen lassen und ganz selbstverständlich mittlerweile in unsere Identität integriert?

Wie abhängig sind wir von der Resonanz von unbekannten Menschen, mit denen uns im wirklichen Leben gar nichts verbindet? Wie sehr gebe ich die Beurteilung meines eigenen Werts in fremde Hände, die ihre eigenen Projektionen an mir abarbeiten und häufig nur mein Geld wollen? Wieviel meiner eigenen Kreativität lasse ich mir von KI glattbügeln aus Angst vor mangelnder Perfektion?

Auch ich poste gern Bilder, die mir Freude machen, und Gedanken, die ich teilen möchte. Es ist meine kleine kreative Auszeit – ohne wirtschaftliche Absicht und ohne Unterstützung weiterer Hilfsmittel. Wenn es jemandem gefällt, freut es mich. Wenn nicht, kann ich gut damit leben. Ich genieße diese Unabhängigkeit und den fehlenden Vergleichsdruck. Den Weg zu dieser Freiheit musste auch ich mir mit viel Geduld erarbeiten, diverse Male hart hinfallen und mühsam wieder aufstehen. Vielleicht bin ich mittlerweile auch einfach zu alt für diesen ganzen Mist und dafür bin ich sehr dankbar.
Fake führt unweigerlich zur Frustration, denn Fake kann niemals wirkliche Verbindung schaffen. Weder zu uns selbst noch zu Anderen. Wir Menschen brauchen als soziale Wesen wirkliche Verbindung, das Gefühl gut aufgehoben zu sein und aus uns selbst heraus zu genügen. Und dafür brauchen wir Ehrlichkeit. Ehrliche Verbindung erfüllt uns statt uns zu frustrieren. Und das geht nur über qualitativ hochwertige Beziehungen und nicht über die anonyme „Community“. KI-erstellte Beiträge und hoch gefilterte Bilder mögen bisweilen perfekter aussehen und korrekter konzipiert sein als unsere eigenen Worte, aber nur letztere drücken uns wirklich aus (und bevor ich als rückwärtsgewandt bewertet werde: Natürlich gibt es viele Bereiche, wo die KI absolut sinnvoll ist).

An uns selbst zu glauben, unseren Wert als absolut unantastbar anzusehen, uns aus unserem Inneren heraus gut genug zu finden, egal, was irgendein Instacoach oder Influencersternchen uns einreden möchte, ist wirklicher Erfolg. Dieser Erfolg beginnt mit einer bewussten Entscheidung für uns selbst. Und die kann jedeR für sich treffen.

Zum Glück!