Frau mit ohne Stimme! Wie ich erfahren habe, wie viel ich eigentlich sagen möchte, wenn ich es nicht kann.

Trau Dich, laut zu werden!

Und was ich daraus für die Zukunft mitnehmen will.

Ich ohne Stimme.

Eine schwere Erkältung hat mich mal wieder dank einer Klimaanlage erwischt, und abweichend von meinen bisherigen Erkältungserfahrungen durfte ich mich diesmal weniger mit Schnupfen herumschlagen, dafür aber mit Halsschmerzen und einer Heiserkeit, die mich 3 Tage mit einem kompletten Stimmverlust „beschenkte“.
So oft reden wir heutzutage von Stille, die wir uns im Innen und im Außen wünschen, aber als ich zum still-sein verdammt war, fühlte sich das alles andere als gut an. In Zeiten, in denen wir gefühlt sowieso nur noch über Messenger-Dienste und dumme Emoticons kommunizieren und uns besonders gern unangenehmen Themen und direkter Konfrontation entziehen, sollte das mangelnde Reden eigentlich kein Problem sein, oder?Aber es war für mich ein Problem. Ein großes sogar. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – ich gebe ehrlich zu, dass sich meine stummen Tage weniger golden, dafür aber rostig und dumpf anfühlten.

Machtlos stumm.

Ich fühlte mich meiner unmittelbaren Wirksamkeit beraubt, konnte mich verbal nicht ausdrücken, fühlte mich machtlos. Und einsam. Als ob ich von allen Anderen durch eine dicke Glaswand getrennt wäre, und kein Laut zu ihnen durchdrang. Ich wollte so viel mitteilen, nicht alles bahnbrechend wichtige Dinge, aber viele kleine Themen, Fragen, Aufmerksamkeiten loswerden, in direkten Kontakt gehen – und es war unmöglich. Das Telefon blieb unbeantwortet, die Voicemail-Funktion ungenutzt, und der Gang zum Bäcker, um die Trost-Zimtschnecke zu holen, musste ausfallen.
Ich bin von einem unglaublich liebevollen, fürsorglichen und starken Netzwerk beschenkt. Natürlich war ich auch in diesen Tagen nicht wirklich einsam. Aber geschriebene Worte und Smileys können den direkten Austausch, den Klang einer Stimme, die zwischenmenschliche Energie und Nähe eben doch nicht ersetzen. Als ich wie ein junger Kuckuck das erste Krächzen wieder rausbrachte, war das tatsächlich, als wäre ich neu aus dem Ei geschlüpft. Nie hätte ich gedacht, dass drei Tage ohne Stimme so lang sein können.

Vom Müllschlucker zum Spiegel

Aber was nehme ich aus meiner stimmlosen Erfahrung mit?
In mir ist jede Menge los, unzählige Gedanken und Gefühle tanzen einen ständigen Tanz. Mal einen feurigen Tango, mal einen gemütlichen Walzer, meistens chaotischen Freestyle. Nicht alles ist der Rede wert, vieles erledigt sich von selbst und verändert sich ständig – himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Und ja, manchmal könnte es in mir durchaus stiller sein.
Viele Menschen, die mich nicht besonders gut kennen, kategorisieren mich als ruhig – und sind dann ganz überrascht, wenn ich mal laut werde. Das ist vollkommen in Ordnung. Nicht jeder muss und soll mich gut kennen, und ich empfinde das Wort „ruhig“ nicht als negatives Label, sondern gerade in diesen lauten Zeiten, wo sich jeder in den „sozialen“ Netzwerken  (meist unnötig) zu Wort meldet und sinnbefreite Plattitüden raushaut, als positives Merkmal. Ich erlaube mir häufig, erstmal zu beobachten und mir ein Bild zu machen, bevor ich mich äußere.

Aber ich habe viel zu sagen. Auf meinem Human Design Chart habe ich eine direkte Verbindung von meinem Selbst-Zentrum zur Kehle. Mir fällt es unglaublich leicht, Fremdsprachen zu lernen. Reden und mich ausdrücken können liegt in meiner Natur. Warum tue ich es dennoch manchmal nicht – auch wenn ich es könnte und sollte? Warum bleibe ich bisweilen gerade dann leise, wenn ich laut werden sollte? Gerade dann, wenn ich für mich und meine Bedürfnisse einstehen sollte, wenn mein ganzes Herz an einer Person oder einer Sache hängt und ich etwas oder jemanden so sehr will, dass es mir bisweilen den Atem raubt? Ist es die Angst vor Zurückweisung, vor Verletzung? Bleibe ich dann lieber still, um keine Angriffsfläche zu bieten, anstatt stimmlich Vollgas zu geben und mich klar zu positionieren? Und ist es wirklich besser, Frust und Enttäuschung wie ein Müllschlucker in mich rein zu fressen anstatt sie dem Anderen aktiv zu spiegeln?
Die aus der Passivität resultierende Lähmung in mir ist oft schwerer auszuhalten als die Reaktion des Anderen auf mein ehrliches Statement. Nichts ist frustrierender als die Frage: „Was wäre passiert, wenn ich mich getraut hätte, offen zu sprechen?“

Achte auf Deine Worte

Die berühmte Simone de Beauvoir sagte einmal:

„Frauen (Menschen), die nichts fordern, werden beim Wort genommen – sie bekommen nichts.

Und sie hat Recht damit: Wenn ich mir verwehre, laut zu werden, meine Stimme zu erheben, wo ich es wichtig finde, beraube ich mich jeder Möglichkeit zu Gestaltung und nehme mir selbst die Chance auf ein positives Ergebnis. Denn Achtung: Es könnte ja gut werden. Es könnte ja sein, dass ich das bekomme, was ich will – wenn ich die verdammte Angst vor der negativen Resonanz überwinde. Dies habe ich mir schon lange auf die Fahnen geschrieben. Mal gelingt es mir gut, mal darf ich noch üben.
Natürlich sagt sich das oft leichter, als es getan ist. Wer diesen Blog hier aufmerksam liest und hört, weiß, wie wichtig es ist, unsere eigenen inneren Muster zu erkennen und zu hinterfragen, um zu einer Veränderung unseres Verhaltens fähig zu sein.

Laut sein, wann ich es will

Ich muss nicht immer laut werden. Ich achte sehr genau darauf, meine Energie nicht zu verschwenden. In meinen Augen unwichtige und ergebnislose Konversationen gehe ich nicht ein. Ich muss nicht wie ein aufgeregter Hahn auf jeden Misthaufen springen und rumschreien. Ich beteilige mich nicht an unsinnigen Grundsatzdiskussionen, die von arroganter Silobildung und Dummheit geprägt sind. Ich habe nicht das Bedürfnis, mich ständig sichtbar zu machen, alles zu teilen – in Zeiten des digitalen Exhibitionismus bin ich damit offenbar Teil einer sehr kleinen Spezies geworden, die aber hoffentlich nicht vom Aussterben bedroht ist. Es gibt viele Gedanken und Gefühle, die ich gern mit mir selbst teile – oder mit einem sehr kleinen exklusiven Kreis.
Aber ich kann und werde laut werden, wenn ich will. Und ich will und werde in Zukunft öfter von dieser Fähigkeit Gebrauch machen.

Also danke Erkältung für diese Erkenntnis! Und jetzt darfst Du gern wieder gehen.

Ich habe diesen Artikel konsequent aus meiner ganz persönlichen Ich-Perspektive geschrieben, weiß aber sehr genau, dass das Thema „laut werden“ sehr viele von uns betrifft.

Lasst gern von Euch hören, wie Ihr dazu steht!

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