Filter, Fake und Frustration – wie authentisch darf ich heute noch sein?

Blogpost Schmiegelt

Disclaimer: Dieser Text wurde wie alle anderen Beiträge auf meiner Homepage NICHT mit Chat-GPT verfasst, sondern ist ganz altmodisch das kreative Ergebnis meines eigenen Gehirns.

Es ist nicht leicht, heutzutage herauszufinden, wer man wirklich ist und das auch selbstbewusst nach außen zu vertreten. Zu groß ist die Verlockung der perfekten Inszenierung der eigenen Person mittels einfach zu bedienender Filter auf diversen Netzwerken, zu zwingend erscheint die Aufrechterhaltung der Illusion von Erfolg, Entspanntheit, Beliebtheit und dem makellosen Äußeren. Und zu groß die Scham, nicht mithalten zu können im Wettlauf der oberflächlichen Eitelkeit und des Konkurrenzkampfs um Likes und Herzen.
In einer Zeit, wo uns suggeriert wird, dass sich unser Wert an dem Wohlwollen einer anonymen Menschenmenge messen lässt, die uns entweder mit Daumen hoch oder Hate-Kommentaren beschenkt. Wo uns künstliche Intelligenz und globale Vernetzung vieles leichter machen, uns aber auch viel wegnehmen – unter anderem das Zutrauen in unsere eigenen kreativen Fähigkeiten und eine authentische Selbstdarstellung, die vielleicht nicht massentauglich dafür aber ehrlich ist.

Aber können wir mit dem, was wir selbst unverfälscht beisteuern, heute noch zufrieden sein geschweige denn erfolgreich werden?

Wenn man den diversen selbsternannten „Businesscoaches“, die angeblich alle Millionäre sind, Glauben schenkt, ist die Antwort ganz klar: NEIN. Echte Authentizität ist was für die, die noch nicht kapiert haben, wie Erfolg heute wirklich geht.
Die vermeintlich gutmeinenden Visionäre reden uns gern ein, dass wir jeden Monat hohe fünfstellige Umsätze erzielen werden, wenn wir das Internet mit den ständig selben Plattitüden fluten und unser gefiltertes Gesicht auch gern in Verbindung mit viel Sex-Appeal mit den schon tausendfach gehörten Floskeln in zahlreichen „Reels“ inszenieren. Wenn wir dauernd posten, wofür wie dankbar sind, wie strahlend wir unser eigenes Ich feiern, wie stark wir mit unserer Schöpferkraft verbunden sind, wie gern wir grüne Smoothies trinken und jeden Tag so leben wie unseren letzten. Blablabla…
Und wenn es dann mit dem Erfolg nicht klappt – dann haben wir offenbar etwas falsch gemacht und sollten unbedingt das überteuerte Upgrade-Programm buchen, um gerade noch die Kurve zu bekommen. Von nichts kommt schließlich nichts – davon abgesehen, dass wir ans Universum offensichtlich noch nicht die richtigen Erfolgsvibes gesendet haben. Kurz gesagt, wir sind an den nötigen Anforderungen gescheitert, haben nicht genügt. Was von diesem ganzen Mist häufig übrig bleibt, sind vollkommen verunsicherte, frustrierte Menschen, die jegliches Vertrauen in sich selbst und in ihren eigenen Wert verloren haben. Die glauben, aus sich selbst heraus nicht gut genug zu sein, um in dieser Welt ihre eigene Definition von Erfolg und Erfüllung zu erreichen und ein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie morgens einfach ihren schwarzen Kaffee trinken und Radio hören, statt beseelt lächelnd Zitronenwasser zu trinken und ihr tägliches „journaling“ zu absolvieren (früher nannte man das Tagebuch schreiben, aber das klingt natürlich nicht so fancy).

Was sind wir wirklich noch selbst, und was haben wir uns aufzwingen lassen und ganz selbstverständlich mittlerweile in unsere Identität integriert?

Wie abhängig sind wir von der Resonanz von unbekannten Menschen, mit denen uns im wirklichen Leben gar nichts verbindet? Wie sehr gebe ich die Beurteilung meines eigenen Werts in fremde Hände, die ihre eigenen Projektionen an mir abarbeiten und häufig nur mein Geld wollen? Wieviel meiner eigenen Kreativität lasse ich mir von KI glattbügeln aus Angst vor mangelnder Perfektion?

Auch ich poste gern Bilder, die mir Freude machen, und Gedanken, die ich teilen möchte. Es ist meine kleine kreative Auszeit – ohne wirtschaftliche Absicht und ohne Unterstützung weiterer Hilfsmittel. Wenn es jemandem gefällt, freut es mich. Wenn nicht, kann ich gut damit leben. Ich genieße diese Unabhängigkeit und den fehlenden Vergleichsdruck. Den Weg zu dieser Freiheit musste auch ich mir mit viel Geduld erarbeiten, diverse Male hart hinfallen und mühsam wieder aufstehen. Vielleicht bin ich mittlerweile auch einfach zu alt für diesen ganzen Mist und dafür bin ich sehr dankbar.
Fake führt unweigerlich zur Frustration, denn Fake kann niemals wirkliche Verbindung schaffen. Weder zu uns selbst noch zu Anderen. Wir Menschen brauchen als soziale Wesen wirkliche Verbindung, das Gefühl gut aufgehoben zu sein und aus uns selbst heraus zu genügen. Und dafür brauchen wir Ehrlichkeit. Ehrliche Verbindung erfüllt uns statt uns zu frustrieren. Und das geht nur über qualitativ hochwertige Beziehungen und nicht über die anonyme „Community“. KI-erstellte Beiträge und hoch gefilterte Bilder mögen bisweilen perfekter aussehen und korrekter konzipiert sein als unsere eigenen Worte, aber nur letztere drücken uns wirklich aus (und bevor ich als rückwärtsgewandt bewertet werde: Natürlich gibt es viele Bereiche, wo die KI absolut sinnvoll ist).

An uns selbst zu glauben, unseren Wert als absolut unantastbar anzusehen, uns aus unserem Inneren heraus gut genug zu finden, egal, was irgendein Instacoach oder Influencersternchen uns einreden möchte, ist wirklicher Erfolg. Dieser Erfolg beginnt mit einer bewussten Entscheidung für uns selbst. Und die kann jedeR für sich treffen.

Zum Glück!

What’s MY story? Individuelles und lösungsorientiertes Storytelling im Coaching

What's my Story

Martin: „Ich habe eben kein Glück“.

Tina: „Prüfungen sind definitiv nicht mein Ding, da ist mein Scheitern schon vorprogrammiert“.

Roberto: „Ich kann keine Beziehung aufrechterhalten, ich bin einfach ein zu großer Freak“.

Helene: „Das große Stück vom Kuchen kriegen halt immer die Anderen“.

Nein, das ist kein Aufruf zur Wahl der wirksamsten Selbstdemontage. Es ist auch keine Ermutigung zum Belächeln derartiger „Schwächling-Affirmationen“, die unserer egoorientierten High-Performer-Gesellschaft widersprechen und deshalb hinter glitzernden Insta-Posts krampfhaft geleugnet werden. Es ist kein Martin, Tina, Roberto, Helene, wie auch immer wir sie nennen möchten, Bashing.
Es ist vielmehr eine wertschätzende Aufforderung zum Beleuchten der Geschichten, die wir uns – vielleicht täglich und möglicherweise seit langer Zeit – über uns selbst erzählen. In meinem letzten Blogartikel habe ich bereits ausführlich über die Kraft von starken Geschichten und Bildern geschrieben, die uns ermöglichen, klar auf den Punkt zu kommen und unser Gegenüber emotional und andauernd zu erreichen. Hier und heute geht es um die Stories, mit denen wir uns selbst versorgen. Bewusst oder unbewusst – aber immer mit großer Wirkung.

Wer bin ich?

Wir definieren unser Ich als soziale Wesen einerseits über die Interaktion mit Anderen, über die Resonanz, die wir im Außen erzeugen und bekommen. Über die Wirkung, die wir erzielen. Über unsere Erfahrungen, die uns für die Zukunft lernen lassen, sei es in konstruktiver oder destruktiver Weise. Und auf der anderen Seite definieren wir uns von Innen über die Bilder, die wir von uns malen und zu einer Geschichte über uns selbst zusammenfügen.
Wir alle sind geborene kreative Storyteller und Kreativität hat viele Gesichter. Ihnen gemein ist, dass durch Kreativität etwas erschaffen wird. Egal, welche Geschichte wir uns über uns erzählen, wir erschaffen damit etwas, nämlich unser Selbstbild – und dieses wiederum wird nach Entsprechung im Außen suchen. Wir erschaffen unsere Realität im Außen durch unsere innere Wirklichkeit. Das ist natürlich nichts Neues. Das haben wir schon etliche Male mit viel Konfetti und Hashtags verziert auf den sozialen Netzwerken gelesen. Kann man schon nicht mehr hören, oder?

Wahr ist es trotzdem.

Unsere Geschichte entsteht jeden Tag neu, entwickelt sich weiter, stagniert vielleicht bisweilen und nimmt dann wieder Fahrt auf. Sie ist ständig präsent. In dem Moment, wo wir morgens die Augen aufschlagen, nimmt unsere selbstkonstruierte Geschichte ihren Lauf: Wir erzählen uns, wie wir uns fühlen, ob wir Lust auf den Tag haben, was uns Bauchschmerzen bereitet, worauf wir hoffen, welche Herausforderungen und Aufgaben auf uns warten, an denen wir vielleicht scheitern werden. Das Date am Abend, auf das wir uns einerseits freuen und gleichzeitig schon die Angst vor Zurückweisung in uns hochkriechen spüren wie eine giftige Raupe. Martin von oben wartet auf die Rückmeldung zu einer Bewerbung und erzählt sich beim Gang zum Briefkasten vermutlich, dass es sowieso nicht klappen wird, in der Illusion, mit dieser Geschichte besser auf die Enttäuschung vorbereitet zu sein. Weniger verwundbar zu sein.
Tina hat nur noch wenige Wochen bis zum großen Staatsexamen und merkt gar nicht mehr, dass sie die Möglichkeit des Scheiterns jeden Tag ganz selbstverständlich durch ständiges Wiederholen von früh bis spät zum Teil ihrer Identität hat werden lassen und genau darauf hinsteuert.
Roberto findet das Alleinsein trotz aller vordergründiger Leugnung gar nicht mehr so spannend, aber eine negative verletzende Beziehungserfahrung in der Vergangenheit hat ihn dazu gebracht, seine eigene Beziehungsstory zu verändern. Es ist halt nicht beziehungsfähig, ist ein merkwürdiger Freak. Und diese Geschichte lässt er regelmäßig durch belanglose Dates ohne Perspektive wahrwerden. Auch Helene steht sich unbewusst selbst im Weg. Von klein auf im Schatten ihres älteren Bruders stehend, wurde ihr nie viel zugetraut. Genügsamkeit war das Gebot ihrer Erziehung. Klar, dass der große Kuchen mit jeder Menge Füllung, Zuckerguss und Marzipanrosen nicht in der Geschichte Ihres Selbst vorkommt, oder?

Mal Dir ein Bild!

Durch unsere Geschichten versorgen wir uns täglich mit Bildern über uns und unser Leben. Mit diesen Bildern geht unser Gehirn sofort in Resonanz. Es erzeugt Gedanken und Gefühle, und diese werden zu unserer Realität, auch zu einer destruktiven. Wenn wir nicht aufmerksam beobachten, welche Bilder und Geschichten in uns aktiv sind, werden diese mit den entsprechenden Gedanken und Gefühlen zu einer Gewohnheit. Und diese übernimmt irgendwann die Kontrolle über uns. Wir werden selbst zu dieser Gewohnheit, ohne es zu merken. Von diesem oft destruktiven Autopiloten gesteuert, fügen wir uns in unser scheinbar unabänderliches Schicksal. Auch eine negative Komfortzone ist eine Komfortzone, und wir sind halt so, wie wir sind, oder?

Come to the dark side

Die Magie kraftvoller Stories besteht nicht nur darin, dass wir sie in uns selbst erschaffen. Darüber hinaus suchen wir nach Entsprechung unserer Geschichte im Außen, nach Bestätigung, dass unsere Story, die wir uns so kreativ selbst entworfen haben, der Wahrheit entspricht. Was wird wohl passieren, wenn Roberto bei seinem nächsten Date nach 5 Minuten erzählt, dass seine früheren Beziehungen daran scheiterten, dass er leider ein Freak sei? Sein Gegenüber wird sich vermutlich mithilfe einer fadenscheinigen Entschuldigung schnell wieder verabschieden. Und damit hat sich Roberto mal wieder bewiesen, dass seine Story stimmt. Ja ja, Storytelling hat eine magische Wirkung, leider auch in die schwarze Richtung.
Tina hat sich, bevor sie in ihrer Prüfung zum Stift greift, vermutlich nochmal nach allen Regeln der Kunst in den Dramamodus ihres Scheiterns reingesteigert – und die Chancen stehen gut, dass ihre Geschichte wahr wird.

Aber ist das wirklich das Ziel?

Dass wir uns am Ende auf die schmerzende Schulter klopfen, weil wir es geschafft haben, unser negatives Selbstbild durch eine entsprechende kraftvolle Story zu zementieren?
Natürlich nicht!
Und hier kommt mal wieder der Mehrwert von Coaching ins Spiel.
Coaching erweitert unseren Blick, lässt uns Zusammenhänge erkennen und individuelle Lösungsstrategien und Perspektiven entwickeln. Häufig sind wir so verstrickt in unsere eigenen kontraproduktiven Geschichten, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen.
Storytelling ist eine Fähigkeit, die uns angeboren ist. Sie hilft uns, Situationen und Erfahrungen einzuordnen, in einen scheinbar sicheren Rahmen zu stellen, so dass unser Gefühl der Verunsicherung nachlässt und wir uns weniger verwundbar fühlen. Und leider gelingt es uns sehr oft viel leichter, uns in das worst-case-Szenario und eine dazu passende Dramageschichte rein zu steigern als es genau umgekehrt zu machen.
Warum ist es oft so schwer, unsere Geschichte vom großen Kuchenstück zu kreieren?
Von der Person, die uns so liebt, wie wir sind, von der erfolgreich bestandenen Prüfung? Warum empfinden wir vielleicht ein Störgefühl bei dem Gedanken, dass diesmal wir das vierblättrige Kleeblatt finden?

Coaching hilft

Es braucht Zeit und Mut, unseren eigenen negativ behafteten Stories auf die Schliche zu kommen. In unserer Alltagsroutine, unserem Stress und unserer Komfortzone tarnen sie sich häufig gut und wirken aus der Dunkelheit. Wenn wir sie ans Licht gezerrt haben, kann es zunächst schmerzhaft sein, sie und ihre Wirkung zu erkennen. Aber es geht nicht darum, zu versuchen, die Vergangenheit umzuschreiben, sondern darum für das Jetzt und für die Zukunft neue Geschichten zu entwerfen, alte Blockaden zu lösen und hinter uns zu lassen. Geschichten, die wir annehmen können und mit stetiger Übung, Disziplin (ja, die darf auch hier nicht fehlen) und Geduld in unser Selbst integrieren. Uns zu erlauben, best-case-Stories zu entwickeln, weil wir sie verdienen und unser Wert unantastbar ist.
Coaching kann uns dabei wunderbar unterstützen, empathisch begleiten und uns auf diesem lohnenswerten Pfad halten, wenn uns alte Gewohnheiten wieder ins dunkle Dickicht ziehen wollen. Coaching bietet uns den Sparringspartner, Lektor, das offene Ohr und die wertschätzende Kritik, die wir als AutorInnen unserer eigenen Geschichte brauchen. Und das Schöne ist: Es gibt bei dem Verfassen dieser Geschichte keine Deadline. Wir dürfen uns die Zeit nehmen, die wir brauchen, solange wir den Stift nicht wieder dauerhaft aus der Hand legen. Als Coach und Storytelling-Trainerin liebe ich es, diesen kreativen Prozess bei meinen KlientInnen zu unterstützen – genauso wie ich es liebe, meine eigenen Stories aufmerksam zu betrachten, die von mir gewünschte Richtung zu klären und meine Geschichten fokussiert zu gestalten.

An alle Martins, Tinas, Robertos und Helenes da draußen: Eure Stories haben die magische Kraft wahr zu werden. Also überlegt Euch gut, mit welchen Inhalten, Kernaussagen und Bildern ihr sie füllen möchtet. Es ist nie zu spät, Eure Geschichten zu verändern, aber auch niemals zu früh, neue zu schreiben.

Komm auf den Punkt und nimm mich mit! Kraftvolles Storytelling, starke Bilder, klare Aussagen

Kraftvolle Stories, starke Bilder

Bla bla bla blupp blupp bla….
Worum geht es hier eigentlich? Diese Frage stellt sich Sven nicht zum ersten Mal, als er wieder in einem Meeting sitzt, das als verpflichtend angesetzt wurde und letztlich keine mehrwertschaffenden Informationen oder Ideen liefert.
Irgendwelche vorher-nachher-Zahlen werden in einer vollkommen langweiligen bilderlos aufbereiteten Powerpoint-Präsentation gezeigt, irgendwas soll sich personell verändern in „absehbarer Zeit“. „Man wolle sich vorbereiten, einfach würde es nicht werden“. Worum es aber konkret geht, wird nicht ersichtlich – und die Körpersprache des Sprechers wirkt so linkisch die einer Marionette, die nur an einem Faden hängt. Liebend gern hätte Sven eine Taste, mit der er das Szenario vorspulen könnte. Die ganze Veranstaltung verbreitet Unsicherheit, Unmut und Demotivation. Pure Zeitverschwendung, ärgerlich und irgendwie auch respektlos vom Initiator gegenüber den Teilnehmenden.
Sven ist genervt – zu Recht. Er möchte wissen, was das konkrete Thema ist, was es mit ihm persönlich zu tun hat, wenn er schon beim Meeting dabei sein soll. Und er möchte abgeholt und mitgenommen werden, um einen persönlichen Bezug zum Thema und seinen damit verbundene Handlungsoptionen aufzubauen.
Warum reden so viele Menschen so lange, ohne wirklich etwas Wichtiges zu sagen?
Warum fällt es so vielen Menschen schwer, auf den Punkt zu kommen – und zwar schnell?
Und die damit verbundene Frage: Geht es nicht auch besser?

Ja, es geht besser! Und zwar mit maßgeschneidertem kraftvollem Storytelling!

Hand aufs Herz: Wie häufig sind wir Zeuge von Gesprächen, Meetings und Veranstaltungen, bei denen unglaublich viel gesprochen wird und nur wenig greifbare Inhalte vermittelt werden? Wie oft merken wir, dass bei derartigen Situationen unser Puls hochgeht und unsere innere Stimme den Sprechenden antreiben will: „Komm endlich zur Sache, komm auf den Punkt! Meine Zeit ist kostbar, Du langweilst mich!“.
Das letzte, was wir vermutlich möchten, wenn wir etwas erzählen, ist, unseren Gesprächspartner zu langweilen. Aber das kann schnell passieren, zumal unsere Aufmerksamkeitsspanne dank der ständigen digitalen Reizüberflutung sowieso immer kürzer wird. Die Versuchung der Ablenkung ist einfach zu groß geworden.

Was ist Storytelling und wie kann es hier Abhilfe schaffen?

Storytelling ist keine „Märchenstunde“. Storytelling ist eine kreative, kraftvolle und strukturierte Methode, um Inhalte prägnant, emotional und nachhaltig an die individuelle Zielgruppe zu vermitteln. Storytelling schafft es, eine griffige punktgenaue Kernaussage zu definieren und diese in eine stimmige Handlung einzubetten, welche ihre Zielgruppe abholt und mitnimmt. Eine Kernaussage ist im Idealfall ein einziger punktgenau formulierter Satz. Kein Geschwafel, kein Abschweifen in unwichtige Details.
Und da jede gute Geschichte Bilder in unseren Köpfen erzeugt, welche wir uns langfristig merken, arbeitet Storytelling weniger mit Zahlen, Daten und Fakten sondern vor allem mit Bildern und Metaphern, um eine emotionale Wirkung zu schaffen. Mit Bildern geht unser Gehirn sofort emotional in Resonanz. Das Geheimnis einer guten Story liegt darin, die gut verständlichen Inhalte mit passenden Bildern zu kombinieren und zu verstärken. Hierbei liegt die Betonung auf „passend“: Wer z.B. eine Erfolgsstory erzählen möchte, sollte als Metapher für Erfolg nicht die Titanic nehmen. Klingt logisch, oder?

Bilder sagen mehr als Worte.

Tatsache ist aber, dass sich viele eigentlich gute Stories selbst ins Abseits schießen, da sie an den falschen Bildern scheitern und keine Kongruenz zwischen Bildern und Kernaussage schaffen. Ein Coach, der damit wirbt, Klienten zu mehr Optimismus zu verhelfen, auf seiner Homepage aber dunkle, neblige Naturbilder verwendet, hat die Wirkung von Bildern und die in diesem Fall entstandene Dissonanz von Kernaussage und Bildsprache nicht berücksichtigt. Bei Interessenten wird ein Gefühl der Irritation zurückbleiben, und das ist keine gute Ausgangssituation. Dass ein Bild grds. ästhetischen Ansprüchen genügt, ist leider kein Garant für eine nachhaltig erfolgreiche Story.
Ein Trainer, welcher sich selbständig machen möchte, bei seiner Akquise aber als erste Kernaussage betont, dass er noch ganz neu und unerfahren ist, erzählt damit höchstwahrscheinlich nicht die „Story“, welche seine Zielgruppe hören möchte, um Vertrauen aufzubauen. Er erzeugt mit diesem Fokus das Bild mangelnder Kompetenz und somit beim Gegenüber ein Gefühl der Verunsicherung.

Eine gute Story erzählt keine Lügen!

Aber sie vollzieht einen empathischen Perspektivwechsel auf die Seite des Empfängers und nimmt sich Zeit, die Bedürfnisse der Zielgruppe zu identifizieren und anzusprechen. Es wäre also sinnvoller, wenn unser Trainer oben bei der Akquise für seine Zielgruppe Sicherheit durch eine solide Ausbildung und empathische Ansprache schafft als durch die von ihm favorisierte Selbstoffenbarung der Unerfahrenheit (welche vermutlich seinem eigenen Bedürfnis nach Nachsichtigkeit entspricht). Eine gute Story hält den Fokus auf den Adressaten, nicht auf den Storyteller.
Hierbei tut sich eine weitere spannende Frage auf: Welche Story erzähle ich eigentlich über mich selbst? Wie möchte ich wahrgenommen werden, und trägt die von mir vermittelte Story diesem Anliegen Rechnung? Wenn ich z.B. als selbstbewusst wahrgenommen werden möchte, mich in Vorstellungsgesprächen aber selbst als konfliktscheu und schüchtern bezeichne und Lob sofort selbstverständlich abwehre, erzähle ich meinem Gegenüber eine ganz andere Geschichte. Wenn ich gefragt werde, welches Tier ich als Führungskraft wäre und meine Antwort „Kaninchen“ lautet, habe ich vermutlich eine für diesen Kontext suboptimale Metapher gewählt. Möchte ich in meiner Partnerschaft mehr für meine eigenen Bedürfnisse einstehen, sehe mich selbst aber als dauerverfügbare Arbeitsbiene, ist auch hier meine innere Bildsprache inkongruent zu der von mir eigentlich beabsichtigten Kernaussage. Kongruenz von Inhalt und Bildern ist entscheidend!
Storytelling und die Arbeit mit passenden Bildern kann also nicht nur im Business-Kontext sondern auch im Bereich der persönlichen Weiterentwicklung unglaublich wertstiftend sein.
Einer guten Story gelingt es, eine kraftvolle, auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmte Kernaussage in eine spannende Handlung einzubetten, die von emotional inspirierenden Bildern getragen wird. Dabei können wir gern auch auf gut bewährte Skripte wie z.B. die Heldenreise zurückgreifen. Wir müssen das Rad auch beim Storytelling nicht immer neu erfinden, wichtig ist, dass wir es zum Rollen bringen.
Dann werden die Zuhörenden interessiert, motiviert, bereichert und nachhaltig bewegt aus einer Veranstaltung rausgehen, eine Homepage betrachten, gebannt auf die Leinwand schauen.

Und was ist mit Sven?

Das Thema von Svens Meeting sollte eigentlich sein, die Teilnehmenden darauf vorzubereiten, dass in Zukunft zwei Teams zu einem zusammengelegt werden. Kein einfaches Thema.
Wahrscheinlich fühlte sich der Initiator des Meetings selbst nicht wohl dabei, diese Ankündigung zu machen, hatte sich zu wenig vorbereitet, hatte deshalb keine klare Kernaussage und flüchtete sich in schwammige Eventualitäten, statt adressatengerechten Klartext zu reden. Vermutlich hat er sich auch gar keine Gedanken gemacht, wie die Zielgruppe auf dieses Thema reagieren würde, welche Bedürfnisse die beiden Teams haben und wie er diese ansprechen und auffangen kann. Eventuell wollte er einfach sein eigenes Bedürfnis, dieses unangenehme Meeting „irgendwie rumzubekommen“ erfüllen und hatte keinen Kopf für den empathischen Perspektivwechsel. Von einem passenden Bild, dass die Zusammenlegung der beiden Teams emotional positiv belegen könnte, ganz zu schweigen. Und genau das hat Sven gemerkt. Die Wirkung ist verheerend: Keine Klarheit, keine Motivation, ggf. jede Menge Spekulationen, Angst, lebhafter Flurfunk.

Wie hätte es besser laufen können?

Punkt 1: Die Vorbereitung einer guten Story braucht Zeit. Zeit, sich der eigenen Inhalte, der klaren Kernaussage sowie der individuellen Zielgruppe bewusst zu werden. Diese Zeit hätte sich der Initiator nehmen müssen.
Punkt 2: Eine klare Kernaussage zur Fusion der beiden Teams definieren. Z.B. „In Zukunft werden wir unsere Kompetenzen bündeln und in einem Team zusammenarbeiten“.
Punkt 3: Herausfinden, welche Bedürfnisse die beiden Teams haben und wie diese durch eine entsprechende Storyhandlung adressiert werden Warum wurde diese Entscheidung gefällt? Was ist der Sinn dahinter, was der angestrebte Mehrwert? Wie kann das einzelne Teammitglied dazu beitragen? Nur eine Handlung, die das Team abholt, wo es aktuell steht, auf die Reise mitnimmt und das Ziel klar benennt, wird Kraft entfalten.
Punkt 4: Welche Metapher, welches Bild könnte für die Team-Fusion stehen? Ein Handshake, eine Fußballmannschaft, Hände, die einen Pokal hochhalten? Der Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt – sofern das Bild die Kernaussage kohärent verstärkt statt ihr zu widersprechen!
Diese 4 Punkte gelten für alle Arten von Stories in jedem Umfeld. Wann immer wir etwas Wichtiges mitteilen möchten, helfen uns die Grundsätze des Storytellings, strukturiert, verständlich und packend auf den Punkt zu kommen – und im Gedächtnis zu bleiben. Als Storytelling-Trainerin bin ich jedes Mal wieder fasziniert, welchen riesigen Unterschied eine gute Story macht, besonders bei Themen, die eher schwergängig sind und Menschen in Bewegung bringen sollen. Gute Stories zu entwerfen ist ein unglaublich kreativer und für alle Beteiligten bereichernder Prozess, so als ob Du den wahren Schatz eines Themas entdeckst und für Deine ZuhörerInnen greifbar an die Oberfläche holst.

Investiere Deine Zeit in gute Stories, schlechte gibt es schon genug.